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Potsdamer Kunstverein

 

Squaw Rose: Intro l Bilder l Über l Biografie l Buch l Begleitprogramm l Echo

 

 

Hans-Jörg Schirmbeck
Squaw Hildegard Rose – Bilder

aus dem Buch zur Ausstellung
ein weiterer Text
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Squaw Hildegard Rose gehört zu der Künstlergeneration, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine verwirrende Vielzahl von neu entwickelten künstlerischen Richtungen und gestalterischen Stilmitteln bot. Die Entwicklung der abstrakten Kunst, die ihren Triumphzug durch Europa und die USA nahm, gab auch ihr den Weg frei für Subjektivität und singulären Aktionismus, der diesen gesamten Kunstprozess bestimmte. Die grundlegend veränderten Sicht- und Sehweisen der Künstler erschwerten, damals wie heute, die Seh- und Lesbarkeit dieser Bilder; das Fehlen des Ablesbaren, das sich Hineindenken in eine bildnerische Form, die Herausforderung der eigenen Fantasie, die Selbstbefragung und die Besinnung des Betrachters auf sich selbst in einer zunehmend medienorientierten Welt. Wer in den Werken Squaw Roses herkömmlich Wiederzuentdeckendes sucht, wird erfahrungslos bleiben.
Die Malerin schickt uns auf eine Expedition in die Welt der Klänge, die schon zur Genüge entdeckt zu sein scheint, sich jedoch in den überlagerten und gegenseitig durchdringenden Farbschichten der Bilder in unendlichen Variationen von hellen und dunklen Tönen neu formiert1. Ein ewiges Schweigen der unendlichen Räume (B. Pascal) liegt in und über ihren Werken. Von Zeit zu Zeit werden die fließenden Grenzen zwischen abstrakter und gegenständlicher Malerei sichtbar, so wie die Wandlung der Landschaftsstrukturen oder Gegenstände in Licht, Farbe und Linie. Ihr Werk macht erfahrbar, dass es sich bei ihrer Malerei nicht um die Wiedergabe von Natur, nicht um deren Abbild oder gar Zerstörung handelt, … sondern im Gegenteil, um eine subtile Annäherung im Prozess von Verwandlungen. (E. Schumacher). Diese Herausforderung an das aktive Sehen bedingt ein sich Versenken in die Bildstrukturen, gleichsam im gedehnten Decrescendo, um im bereicherten Crescendo hervorzukommen. Aus den Farbflächen ihrer Bilder erstrahlen kristalline Strukturen, so dass der Betrachter ihre Arbeiten als Makroaufnahmen organischer Prozesse sehen könnte, wenn es nicht zu vereinfacht wäre. Der oberflächliche Blick macht es sich leicht, nur über Eindrücke zu berichten, als seien sie genial gesehene Ausschnitte der realen Welt oder originelle Beispiele für die kreativen Einbindungen von Röntgenfilmmaterial in künstlerische Objekte.
Man sieht und empfindet in ihren Werken, dass Squaw Rose an das komplexe Erbe der Moderne anknüpft. Nur zu selbstverständlich finden sich in ihren Bildern auch die Aufnahme und Umsetzung der Ideen des Surrealismus, die abstrakten Tendenzen von Kandinsky und Klee ebenso, wie die des amerikanischen Abstrakten Expressionismus und des Informel, deren Werken die erneute Heranführung der deutschen Kunstszene an die internationale Szene zu verdanken ist, und die einen originären Teil zur Weltsprache der Abstraktion beigetragen haben.
In einer Zeit der sich wieder und neu formierenden realistischen Tendenzen in der Kunst, hat es die Kunst von Squaw Rose nicht leicht, sich zu behaupten. Umso mehr Anerkennung verdient ihre Konzentration auf das kompositorisch-künstlerische Handwerk, das Bilder hervorbringt, die ausschließlich ihre persönliche Sprache besitzen. Sie sind komplizierte, geschichtete und verschränkte Strukturen und Farbflächen, auf- und absteigend, und werden mit vorgefundenen Materialien kompositorisch verbunden. Verhalten bilden sich handschriftliche Motive heraus, die ständig variiert und streng geführt werden, so dass ein Gesamtklang gelingt. Das künstlerische Thema von Squaw Rose besteht nicht darin, reale Vorgänge zu formulieren oder Allegorien anzubieten, sondern das fantasievolle Schauen (L. d. Vinci) anzuregen. Nur wer sich auf ihre Bilder einlässt, sich in sie vertieft; nur der Betrachter, dem es möglich ist, meditativ in ihnen zu versinken, wird die unendliche Vielfalt spüren, diese unglaubliche Anziehungskraft und Tiefe, die von diesen Arbeiten ausgeht. Sie bestätigen, dass künstlerische Kontinuität, gegründet auf die Kenntnis der traditionellen Mittel der Malerei, auf Form und Farbe, sich auch in den gegenwärtigen Strömungen durchsetzen kann. Die Werke von Squaw Rose stehen für fantasievolle Imagination, intellektuelle Offenheit, transzendente Grenzüberschreitung und implizieren den Freud'schen Wunsch, die Verknotungen des Geflechts alles Erkennens zu lösen.


1
Zwei Komponisten haben sich von den Bildern Squaw Hildegard Roses inspirieren lassen und deren Klänge in die Sprache der Musik übersetzt: Johann Gottlob von Wrochem »Bilder einer Ausstellung« (1992) und Hartmut Behrsing »Nachtspiegelung« (2005)

© bei Squaw Hildegard Rose und dem Autor, Online-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung
    Rechtschreibung entsprechend der Schreibweise des Autors

 

 

 

Bibliografie

Klaus Büstrin: Landschaften als Stimmungsvorlagen.
Potsdamer Neueste Nachrichten [PNN], Potsdam 9. 11. 2000

Llewellyn Gelw: Hinein, hindurch und darüber hinaus – Die verhüllte Herausforderung
in den Bildern von Squaw Rose. Unveröffentlichtes Manuskript, Berlin 2001

Birgit Goetz: Das Wissen um eine andere Wirklichkeit.
Märkische Allgemeine Zeitung [MAZ], Potsdam 7. 10. 1991

Svea Haske, Sonja Schumann (Hrsg.): Der Mond verteilt die Noten. Aphaia-Verlag, Berlin 1993

Andreas Hüneke: Spuren/Traces. In: Squaw Hildegard Rose – Malerei.
Ausstellunsgkatalog Edition Sperl Galerie, Potsdam 1995, o. S.

Frank Jast: Einfach die Blicke schweifen lassen. PNN, Potsdam 9. 11. 1995

Christiane Meixner: Heimwehbilder hinter Kasernenzäunen. Berliner Morgenpost, Berlin 11. 2002

Christine Müller: Abstrakte Faszination im Ausstellungszentrum. Neisse Echo, Guben 21/2001

Götz J. Pfeiffer: Schule des Sehens. PNN, Potsdam 15. 10. 2002

Wally Poltiniak: Eigene Befindlichkeit und Zwischentöne. PNN, Potsdam 8. 7. 1992

Hendrik Röder: Kunst ist wesentlich weiter als Politik. PNN, Potsdam 9. 2. 1993

Squaw Hildegard Rose: Bildräume Lebensräume. Katalog, Hrsg. GEDOK Berlin e. V., Berlin 1991

dies: Meine Fundstücke. Manuskript, Potsdam 2002

Gernot L. Thiele: Was man malen muß und was man nicht zu malen braucht – Das Evokatorische in den Bildern von Hildegard Rose. Unveröffentlichtes Manuskript, Berlin 2001

ders.: Das geheimnisvolle Ganze. Eröffnungsrede, Manuskript, Ausstellungszentrum, Guben 2001

ders.: Russische Spuren – Verlassene Orte. Eröffnungsrede, Manuskript, Peace Gallery, Berlin 2002

ders.: Der immer wache Blick des Seefahrers – Einige Noten zu den Bildern von Squaw Rose. Eröffnungsrede, Manuskript, Kulturscheune Hof Akkerboom, Kiel 2002

Sabine Tholund: Was man kennt, bleibt rätselhaft. Kieler Nachrichten, Kiel 17. 6. 2002

Klaus Trende: Zuweilen ein Licht im Dunkel. Neisse-Echo, Guben 12. 10. 2001

Bernd Völzke: Malerei von Squaw Hildegard Rose. Neisse-Echo, Guben 2001

Bärbel Wendt: Das Credo der Squaw Hildegard Rose: Kunst gehört wie das Brot zum Leben.
Potsdamer Express, Potsdam 25. 2. 1993

Natalie Wozniak: Rote Abgründe einer malenden »Squaw«. MAZ, Potsdam 6. 11. 1995

 

 

 

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