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Christine Böer
Unterricht bei Suse Ahlgrimm (1955 – 1959)
Suse Ahlgrimm hat eine Begeisterung für Leistungen auf künstlerischem
Gebiet in sich, die ansteckend wirkte, selbst für schlaffe Schüler, wie
wir es in unserer Schulzeit wohl oft waren. Kulturdenkmäler in
Jahrhunderten geschaffen im Sinne jenes zeitlos Gültigen – in der Malerei,
Architektur oder Plastik – fanden in Suse Ahlgrimm eine wunderbare
Fürsprecherin. Ich glaube, dass ich damals in den ersten
Kunstgeschichtsstunden irgendwie betäubt war von der Schlichtkeit und
Ernsthaftigkeit, mit der Suse Ahlgrimm einzelne Kunstwerke erläuterte,
beispielsweise die Schnitzereien eines Veit Stoß oder eines Tilman
Riemenschneider für Altäre, bei |
Jürgen Schneider mit Anwälten vor dem Frankfurter Landgericht, 1997
für größere Darstellung der Werkbei- spiele bitte
auf die Abbildungen klicken |
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denen ihnen Zeitgenossen als Modelle
dienten. Die Innigkeit und das Hingegebensein an eine Idee jenseits
materieller Werte nahmen mich gefangen. Ich verdanke Suse Ahlgrimm das,
was der ganze Marxismus, den ich keinesfalls verachte, mir nicht so
beibringen konnte; ich verdanke Suse Ahlgrimm Glauben – Glauben an etwas,
was Künstler noch in den Turmspitzen der Kathedralen zur Vollendung ihrer
Arbeit brachte… die Sehnsucht, das wiederzugeben, wofür es lohnt zu leben,
wenn es auch wahrscheinlich niemand anderer zu Gesicht bekommt – und die
Anbetung und Freude an dem, was uns Menschen jenseits des Kommerz
verbindet. Der Mensch ist nicht des Menschen Wolf… auch nicht der der
anderen Geschöpfe. Die Blasen, die sich heute blähen, verblassen vor
solcher Bescheidenheit.
Christine Böer geb. Mainka,
Hamburg 2010 |
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Antje Brosig
Kunsterziehung im Unterricht von Frau Ahlgrimm
(1962–64 an der Helmholtz-Oberschule)
Geordnet strukturiert lebendig klar
gewürzt mit einer einladenden Strenge
die ganze Aufmerksamkeit erbat.
Erst in die Stille hinein kam das Wort.
So zumindest erinnere ich mich.
Die Wichtigkeit eines jeden Wortes war geknüpft
an ein Bild, ein Kapitel Kunstgeschichte
oder an dargestellte Lebenssituationen. |
Bauminsel, 1991 |
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Wie mit einer Lupe wurde uns so die Kunst nahegebracht
und gleichzeitig in einen großen Zusammenhang gestellt.
Die Praxis zu der Theorie war das Malen und Zeichnen
alltäglicher Gegenstände oder auch des Treppenhauses.
Das war wie ein Lauschen und galt uns selbst.
Für Ihren sehr ungewöhnlichen Unterricht,
LIEBE FRAU AHLGRIMM : Herzlichen Dank!
Antje Brosig geb. Viebeg, Potsdam 2010 |
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Tanzend –
Für die Akrobaten und Vögel, 2006 |
Elke Bullert
In der Schulzeit von 1956 bis 1960 habe ich an der Helmholtz-Oberschule
eine wunderbare Ausbildung erhalten.
Der musische Direktor Fritz Selke unterrichtete in unserer Klasse das Fach
Literatur.
Ältere, erfahrene Lehrer prägten im altsprachlichen Zweig noch den
Charakter des ehemaligen humanistischen »Viktoria-Gymnasiums«.
Im Zeichenunterricht kam es mir vor, als würden wir von einer Vertreterin
des Bauhauses unterrichtet.
Mit ihrem Reichtum an Wissen lehrte uns Suse Ahlgrimm die Liebe zur Kunst,
lehrte das Sehen.
Bei kunstgeschichtlichen Themen ließ sie Bilder und Bauwerke lebendig
werden,
stellte stets Bezüge zur Geschichte, zur Literatur und Musik her. Mühelos,
mit klaren Worten zog sie uns in eine imaginäre Welt.
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An eine Stunde, in der Suse Ahlgrimm über die Pfalzkapelle von Aachen
sprach, erinnere ich mich besonders gern.
Es war ein Wunder:
Kleine schwarz-weiße Abbildungen in die Höhe haltend, erzählte sie über
die Schönheit des Bauwerkes, über die Handwerkskunst der Baumeister, die
Geometrie, das Material und die Idee der Kapelle.
Alles verwob sie und das Gebäude entstand in meiner Phantasie so
plastisch,
als würde ich mit ihr durch die Räume gehen, Musik hören.
Elke Bullert, Potsdam 2010 |
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Dirk Burkholder
1947 in Gadebusch geboren
1965 Abitur an der EOS 4 (Helmholtzschule), Potsdam
1968–1973 Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Prof.
Walter Womacka
1976 Mitglied des VBK der DDR (spätere Streichung ohne Angabe und ohne
Jahr)
lebte bis Anfang der 90er Jahre in Berlin
derzeitiger Aufenthalt unbekannt
Arbeiten im privaten und öffentlichen Besitz
Kunstarchiv Beeskow |
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Manfred Butzmann
Ich bin ihr dafür sehr dankbar …*
Als ich mich im Februar 1961 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
bewarb, muß ich auf Werner Klemke den Eindruck gemacht haben, sicher damit
zu rechnen, dass ich aufgenommen werde. Jedenfalls fragte er mich: »Woher
wollen Sie wissen, ob wir Sie nehmen werden?« Und ich erinnere mich an
meine Antwort damals: Bis jetzt ist in jedem Jahr einer aus unserer Schule
angenommen worden.« Unsere Schule – das war die Helmholtz-Schule in
Potsdam, das ehemalige Viktoria-Gymnasium. Sicher kam meine gewisse
Selbstsicherheit nicht von diesem alten Namen. Das Vertrauen hatte mir
wohl Suse Ahlgrimm eingepflanzt, wie vielen anderen vor mir auch schon.
Über allen anderen Klassenräumen war ihr Reich, ganz allein – denn nur sie
unterrichtete Zeichnen, kein anderes Fach. Und dazu gehörte ganz
selbstverständlich Kunstgeschichte. Noch immer habe ich die damals
angelegten – sogar gebundenen – Sammlungen zur Romanik, Gotik,
Renaissance, Barock, Romantik, Realismus, Impressionismus und
Expressionismus. Suse Ahlgrimms Raum war größer als alle anderen
Unterrichtsräume, es war in meiner Erinnerung ein richtiger – heller –
Saal, und jeder konnte dort über den Dächern des Holländischen Viertels,
auch seinen eigenen Freiraum finden. Dieses »Über-den-Dingen-Stehen« und
die fordernde Freundlichkeit unserer Zeichenlehrerin führte wohl offenbar
zu dem oben beschriebenen Selbstbewusstsein.
Auch die Neugier auf die Arbeit der Mitschüler hat sie gefördert: »Kennen
Sie schon den Peter Fritz?« und: »Die Gisela Kretschmann hat sehr gute
Sachen gemacht in der letzten Zeit, auch Elke Bullert und Wolfgang Liebert.«
Wir wussten, dass sie auch selbst malte. Manchmal hing eine Arbeit von ihr
in dem langen, schmalen Materialraum neben dem Zeichensaal. Aber nie hat
sie die eigenen Werke lehrhaft vorgezeigt, eher schon die Arbeit eines …
begabten Schülers. Durch ihre eigene künstlerische Tätigkeit wusste sie
genau, wovon sie sprach, wenn sie Korrektur gab oder Spezialaufgaben, wenn
der Erfolgsgewöhnte seiner Sachen zu sicher wurde: »Manfred, zeichnen Sie
doch mal eine Wendeltreppe von unten!« Also setzte ich mich vor das
Belvedere in Sanssouci – und bekam fast eine Genickstarre davon … aber ich
hatte ein weiteres ungewöhnliches Blatt für die Bewerbung in der
Kunsthochschule.
Ab und zu gab es was Besonderes aus der langen Kammer: »Nehmen Sie mal was
von dem alten Aquarellpapier.« Der Stapel davon war auffällig groß und in
meiner Erinnerung wie ein unermesslicher Schatz, nicht enden wollend. Noch
immer male ich gern auf diesem Papier, auf dem man so gut auswaschen kann,
ohne dass eine hässliche Stelle entsteht. Erst später habe ich von den
alten Malern Magnus Zeller, Curt Querner und auch von Herbert Tucholski
wieder gehört, wie wichtig gutes Aquarellpapier ist.
Aber Suse Ahlgrimm war die erste, die mich auf gutes Material hingewiesen
hat! So ist mir jetzt auch – durch ihren sehr bewussten Umgang mit dem
Material – die Veränderung in ihrem eigenen Werk nachvollziehbarer
geworden. Immer wieder gern sehe ich mir die Arbeiten von ihr an … Auch
weil Suse Globisch-Ahlgrimm … wohl so etwas wie ein Kunsterzieher-Ethos
als Künstlerin vorlebt.
Manfred Butzmann, Berlin 1993 (leicht verändert in Bornim 2010)
*In: Suse Ahlgrimm, Malerei aus drei Jahrzehnten, Edition: Kunst aus
Brandenburg,
Katalog, Potsdam o. J., S. 9 |
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Christiane Dorst
Meine Erinnerung an Suse Ahlgrimm
Suse Ahlgrimm lernte ich 1956 nach einem Schulwechsel in die Dortu-Schule
kennen. Der Zeichen- und Malunterricht fand hier in einem Zeichensaal
statt, es gab große Arbeitstische, große Papierbögen, große Pinsel und
große Töpfe mit Farben. Und eben Suse Ahlgrimm! Das erste Mal in meinem
Leben bemalte ich große Flächen aus dem Schwung des Körpers und mit Lust
an Farbe und Strich. Mein Wunsch, einmal Bühnen- und Kostüm- bildnerin zu
werden, stand schon lange fest, durch sie bekam ich Ermunterung und Mut.
Christiane Dorst, Potsdam, den 23.9.2010 |
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Peter Fritz
Erinnerung an Suse Ahlgrimm
Im Jahre 1958 kam ich von Werder/Havel nach Potsdam zur
Helmholtz-Oberschule. Ohne nennens- werte geistig-musische
Vorprogrammierung war ich, abgesehen von einer vermutlich angeborenen Nei-
gung zu Wald und Wiese, damals innerlich besetzt von leichtathletischen
Karrierevorstellungen. Um davon abzukommen, bedurfte es einer von unserer
Zeichenlehrerin, Suse Ahlgrimm, hervorgerufenen Initialzündung.
Ein von ihr im Rahmen des Unterrichts angesetztes Porträt-Zeichnen geriet
mir einigermaßen gut, wie |
Überschwemmte Landschaft, 2005 |
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ich glaubte, und ich war plötzlich motiviert, irgendwie weiterzumachen.
Was ich dann auch zu Hause über viele Wochen tat.
Mit den Ergebnissen ging ich Anfang 1961 vertrauensvoll zu meiner Lehrerin
und von da an gab sie mir die nötige Orientierungshilfe. Gelegentliches
Abgleiten ins Süßliche, etwa, wenn ich sie mit einer Aktzeichnung
konfrontierte, die mangels an Gelegenheit nicht nach der Natur entstanden
war, bremste sie sehr behutsam aus, so dass ich durchaus nicht ent-
mutigt, wieder auf die Schiene des soliden Naturstudiums zurückfand.
Dazu kam der Kontakt zu bereits künstlerisch aktiven Mitschülern aus
anderen Klassen, den Frau Ahlgrimm vermittelte und woraus sich dauerhafte
freundschaftliche und künstlerisch anregende Beziehungen ergaben. Für all
das bin ich meiner Lehrerin noch heute dankbar.
Peter Fritz, Berlin 2010 |
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Trio 1-3, 2005 |
Regina Klug
Erinnerung
Von 1975 bis 1977, ihre letzten zwei Lehrerjahre, nahm ich am Unterricht
von Suse Ahlgrimm teil.
Zwischen Musik- und Kunstunterricht musste ich am Anfang der 11. Klasse
schweren Herzens wählen. Ich entschied mich für die Kunst und bereute die
Wahl und den Aufstieg in den hellen Kunstraum unter dem Dach der Schule
kein einziges mal.
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Es war eine farbige autarke Welt, in die wir eintauchen durften. In
Erinnerung blieben mir besonders die lebendigen Erzählungen über Künstler
und deren Kompositionen, tiefgehende Bildanalysen der Werke vor allem der
Expressionisten.
Und dann unser eigenes Herantasten an Farbe und Formen. Vorgelebt durch
Suse Ahlgrimms besonderer Gabe genau hinsehen zu können, hat sie uns SEHEN
gelernt und immer wieder bestärkt, den eigenen Weg zu suchen und trotz
äußerer und innerer Widrigkeiten nicht aufzugeben. Es war ein erfüllter
Abstieg nach einer Stunde in den Schulalltag.
Mit ihrer ansteckenden Begeisterung für die Kunst und ihrer persönlichen
Förderung hatte ich den Mut, mehr zu probieren und fasziniert von den
Alten Meistern entschied ich mich für das damals noch recht neue Studium
der Gemälderestaurierung an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden,
wo sich künstlerische und handwerkliche Ausbildung verbanden.
Wenn ich in Potsdam war, besuchte ich ihre Ausstellungen und wir blieben
in losem Kontakt.
Suse Ahlgrimm, eine fördernde und fordernde Lehrerin, die es verstand,
mich neben vielen anderen Schülern auf den künstlerischen Weg zu bringen.
So schrieb sie mir vor Jahren: »Wen es einmal gepackt hat, der kann nicht
mehr lassen von der Kunst.«
Ihr Credo ist auch mein Anliegen geworden. Sei es die Bewunderung für alte
und zu erhal- tende Kunst früherer Zeiten, die mir täglich begegnet, das
Interesse für zeitgenössische Kunst bis hin zu eigenem künstlerischen
Suchen und Tun.
Vielen Dank dafür, herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag und Kraft und
Gesundheit für das eigene künstlerische Schaffen wünscht Regina Klug. |
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Lastkahn auf der Havel, 2010 |
Lothar Krone
Erinnerungen an den Kunsterziehungsunterricht bei Suse Ahlgrimm
Meine Begeisterung für die Bildende Kunst habe ich gleich einem ganzen
Quartett von Menschen zu verdanken. Obgleich meine Mutter selbst keine
besonders intensive Beziehung zur Malerei entwickeln konnte, war sie es
doch, die meinen kindlichen Gestaltungsdrang als erste entdeckte und so
malte ich wie viele Kinder bereits vor der Einschulung exzessiv.
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Dass diese Lust am Zeichnen und Malen nach meiner Einschulung 1958 nicht
sofort wieder abgetötet wurde habe ich dem Maler August Burda zu verdanken
der als Küster von St. Peter und Paul tätig war und im Nebenberuf, an der
Johann-Sebastian-Bach-Schule, als Zeichenlehrer arbeitete. Den
entscheidenden Schub in Richtung Kunst erhielt ich aber erst sehr viel
später, als ich an das Helmholtz-Gymnasium (damals EOS 4) wechselte und
dort die Kunsterzieherin Suse Ahlgrimm und durch sie ihren späteren Mann,
den Maler Hubert Globisch (1914–2004), kennenlernte. Wenn ich diese für
mich vielleicht wichtigsten, weil mein ganzes späteres Leben prägenden
Jahre erinnere, so tauchen in der Flut der Bilder und Geschehnisse vor
allem die lustvollen malerischen Experimente im wunderbaren
lichtdurchfluteten Zeichensaal und die tief empfundenen Elogen unser
Kunsterziehungs-Lehrerin für den Expressionismus auf. Mit ihrer kaum
kaschierten Geringschätzung für die ideologischen Erzeugnisse des
Sozialistischen Realismus hatte sie bald einen Großteil der Klasse zu
leidenschaftlichen Neoexpressionisten umgepolt. Es waren aber nicht nur
die hehren Helden der dickleibigen Expressionisten-Wälzer die sie uns nahe
brachte. Ein Name klingt in meinen Ohren bis auf den heutigen Tag, weil
ich ihn mit genauso gehobener und vor Erregung zitternder Stimme
ausspreche wie die Namen Macke, Marc oder Nolde. Egon von Kameke
(1881–1955), den Globisch noch kannte, verehrten wir, nach dem sie uns mit
seinen Arbeiten bekannt gemacht hatte. Bald galt er für uns als der Maler
der dem Expressionismus in der Mark zum Durchbruch verhalf. Eines Tages
aber wurden wir Zeugen eines mittleren Wunders. Suse Ahlgrimm zeigte uns
in einer kleinen provisorischen Schau in der Schule Originalarbeiten
unseres Idols Egon von Kameke. Diese winzige, unscheinbare Ausstellung
veränderte mein Leben mehr als die massiven pädagogischen und
politisch-ideologischen Attacken meiner kompletten Schulzeit. Einmal, nach
der Zeugnisausgabe, fragte ich sie: »Warum haben Sie mir ein ›sehr gut‹ in
Kunsterziehung gegeben obwohl ich nicht einmal einen richtigen
Kunstgeschichtshefter abgegeben habe?« Ihre Antwort war verblüffend
logisch: »Aber Sie sind doch sehr gut in Kunst«. Diese auf leisen Sohlen
daher kommende Konsequenz, eine wundervoll dosierte Begeisterung und ihre
sensible Pädagogik waren wohl das Wichtigste was mir in meiner langen
Schulzeit widerfahren ist. |
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Wolfgang Liebert
Rote Kirschen – Sommerferien 1961 in Lindenberg
Sommerglut lastet schwer über der Ostprignitz.
Ich bin mit meinem Diamant-Fahrrad unterwegs zur großen Koppel und werde
abends die Kühe ins Gehöft treiben. Die Sonne glitzert in den Speichen,
feiner Sand spritzt an die Schutzbleche. Vom Dorf her das Gekreische einer
Kreissäge, fernes Hunde- gebell. Auf dem Gepäckträger ist mein
Campingbeutel mit dem Skizzenblock, Bleistiften und Kreide festgeschnallt.
Ich will heute unbedingt die drei großen Eichen zeichnen; sie umsäumen die
Wiese und prägen das Land ringsum.
Entlang des Sandweges stehen beiderseits alte Kirschbäume mit
herabhängenden Zweigen voller |
Venus von Malta, 2006 |
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reifer Früchte. Ich lege mein Rad ins Gras und steige in den Baum. Während
ich die Kirschen von den Stielen streife, sucht mein Blick die Silhouette
der mächtigen Eichen. Der Saft rinnt durch meine Finger und hinterlässt
erste Spuren auf dem Zeichenpapier. Wie nun soll ich beginnen? Zuerst den
Umriss festlegen und den Charakter erfassen, die dunkle Form gegen das
helle flirrende Licht setzen, das Blattwerk, die Struktur der Rinde
ergrün- den oder zusammenfassend die großen Massen der Formen gegen die
Vertikalen und Horizontalen ausspielen? Wie hilfreich wäre jetzt ein
berufener Rat!
Potsdam-Babelsberg, Garnstraße – Juni 1962
Unsere Kunsterzieherin Suse Ahlgrimm hat mich zu einem Besuch in die
Garnstraße ein- geladen. Ich bin darüber sehr erfreut, denn sie weiß, dass
ich mich nach dem Abitur zum Kunststudium in Berlin-Weißensee bewerben
möchte. Lange schon knüpft sie die Fäden zwischen M. Butzmann, P. Fritz
und mir. Uns alle erfüllt der Traum von Kunst. Der Gang in die Garnstraße
ist ein anderer Weg als die Stufen zum Zeichensaal mit seinen alten
Arbeitstischen und Mappenschränken hinauf. Heute werde ich Arbeiten meiner
verehrten Kunstlehrerin sehen. Ich bin in neugieriger Erwartung. Sie
begrüßt mich freundlich und bittet mich in den Garten des schönen
Weberhauses. Wir nehmen an einem Holztisch Platz, trinken Tee und kosten
von dem Gebäck. Der Garten steht in frühsommerlicher Blüte, eine
Schattenmorelle glüht voller roter Früchte. Als Suse Ahlgrimm ihre
Zeichenmappe aus dem Haus holt und auf dem Tisch öffnet, erscheint mir
eine ganz andere Welt, es ist die Welt der Kunst. Ich sehe Naturstudien
auf farbigem Papier, einem Mittelton, in Kreide, weiß gehöht,
Bleistiftzeichnungen der Form nach schraffierend gerundet. Ich betrachte
Studien von Vogelfedern auf grauem Grund, die scheinbar über das Papier
schweben. Mir ist klar, dass intensive Naturbetrachtung das Fundament und
der Ausgangspunkt für künstlerische Entwicklung ist.
Ich weiß nicht, ob Suse Ahlgrimm bemerkt hat, wie ich auch immer wieder
den Kirschbaum betrachtete. Ganz plötzlich steht sie auf und pflückt eine
Schale von Morellen, die wir bei unserem Gespräch über Wege zur Kunst
genießen.
Wolfgang Liebert, Potsdam 2010 |
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Gisela Neumann
Erinnerungen an Suse Ahlgrimm
Bei dampfendem, erfrischendem Tee sprachen wir natürlich über Suse
Ahlgrimm!
Unsere Erinnerungen an Sie: Ihre Gedankenschärfe und –freiheit, Ihre
Kunstbegeisterung und besondere Fährigkeit diese Begeisterung
temperamentvoll auf uns Schüler zu übertragen.
Die Schülerin Gisela aber erinnert sich ganz besonders an Ihre
motivierende Kraft weiter- zuschaffen bei Verzagtheit, in künstlerischen
und anderen Krisenzeiten des Lebensbogens. Diese fürchterlichen Zeiten,
wenn Lebenstäler und Schaffenstäler in ihren Kurven absolut und passgenau
übereinstimmen …
Ich wünsche Ihnen, liebe Suse Ahlgrimm, Gesundheit und recht viel Zeit für
die eigene Kunst!
Gisela Neumann, Berlin 2010 |
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Monika Olias
Für meine ehemalige Kunsterzieherin Suse Ahlgrimm-Globisch
1972 war ich für kurze Zeit freie Mitarbeiterin der Studentenzeitung
FORUM, die damals schon wegen ihrer kritischen Beiträge auf der
Abschussliste des DDR-Pressewesens stand. Ich hatte den Auftrag, eine
Untersuchung durchzuführen zum Thema: »Die Kunst im Leben junger Leute«.
Diese Untersuchung erschien dann unter dem Titel »….aber ich kann mich
nicht begeistern?« In vielen Gesprächen mit Schülern und Lehrlingen
stellte sich heraus, dass der Kunstunterricht in der Schule wenig
positiven Einfluss auf die Jugendlichen ausübt: zu wenig Angebote, zu
geringes Engagement vieler Lehrer, gegenwartsfern. Die Zeitschrift FORUM
wurde übrigens bald darauf ›abgewickelt‹ wegen solcher Artikel, die unter
anderem Margot Honecker, Ministerin für Volksbildung, auf die Palme
brachten.
Über meinen Kunstunterricht, fünfzehn Jahre früher bei Suse Ahlgrimm, muss
ich das Gegenteil sagen. Sie hat durch ihre Anregungen mein Verhältnis zur
Bildenden Kunst und Architektur damals und mein Leben lang wesentlich
beeinflusst und gefördert.
Zwei Beispiele:
1. Die Kunstreise 1955 – Romanische Architektur
Nach der Beendigung der 9. Klasse im Sommer 1955 nahm ich an der
Kunstreise teil, die Suse Ahlgrimm uns Schülern anbot: Halberstadt –
Gernrode – Quedlinburg mit ihren wunderbaren romanischen Kirchen und
Klöstern. Wir zeichneten diese beeindruckenden Riesen, zum Teil inmitten
der vom Krieg zerstörten Städte von außen, wir saßen im Kreuzgang und
erfuhren den Rhythmus von Rund- und Spitzbögen. Auf dieser Reise legte
Suse Ahlgrimm den Grundstein für meine lebenslange Bewunderung der
romanischen Architektur, für die Klarheit und Ausstrahlungskraft ihrer
Formen, für ihre archaische Monumentalität. Diese Kunstreise und später
die aufwendige Gestaltung der berühmten ›Kunstmappe‹ weckten Interesse und
Sehnsucht nach dem Holstentor in Lübeck, ein Beispiel weltlicher Romanik,
nach den Kaiserdomen von Speyer, Worms und Mainz, nach dem Aachener Dom,
natürlich auch nach den Pyramiden, nach der Akropolis von Athen und, und,
und……
Die Erfüllung dieser Wünsche musste lange auf sich warten lassen, aber sie
wurde seit 1990 nach und nach Wirklichkeit. Welche Freude auf der
Fahrradtour von Heidelberg nach Speyer, den Dom mit seinen vier Türmen
über den Rhein winken zu sehen!
Den Naumburger Dom konnten wir schon ab den 60erJahren erleben. Wir haben
ihn wieder und wieder besucht, die berühmten Stifterfiguren, den
Westlettner. Und diese Begeisterung an unsere Kinder weitergegeben. Jetzt
sind die Enkel dran.
Danke, Suse Ahlgrimm, für diese Lebensbereicherung bis zum heutigen Tag!
2. Kunstgeschichte – Der Expressionismus
In sehr anregenden Vorträgen mit ihrem persönlichen Bildmaterial hat uns
Suse Ahlgrimm – entgegen der herrschenden Ideologie – mit der Malerei und
Grafik der Künstler des Expressionismus bekannt gemacht. Zum
Schlüsselerlebnis wurde für mich daraufhin während meines Studiums der
Kunsterziehung an der Humboldt-Universität zu Berlin die Ausstellung
»Triumph der Farbe«, 1959 im wieder aufgebauten Seitenflügel vom Schloss
Charlottenburg in West-Berlin. Das »Selbstbildnis mit Modell« von
Ernst-Ludwig Kirchner als Eingangsgemälde, 1,50 x 1,00 m, haute mich fast
um. Die expressionistische Malerei blieb für mein Leben bestimmend – auch
für die eigenen Arbeiten.
Monika Olias
Kunsterzieherin und Journalistin
Gründerin und ehemalige Leiterin der Kunstschule Potsdam e.V. |
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Bettina Pfüller
Erinnerungen an Suse Ahlgrimm
Sie war eine besondere Persönlichkeit unter den Lehrern der
Helmholtz-Oberschule.
Bevor ich an die Schule kam, hatte ich schon von ihr gehört. Die älteren
Schwestern meiner Freundin Eva-Maria Viebeg waren bereits Schülerinnen von
Suse Ahlgrimm und hatten mit großer Hochachtung und Begeisterung von ihr
und ihrem Unterricht gesprochen.
Ich war also gespannt und neugierig auf den Kunst- und Malunterricht, der
mich ab der 9. Klasse an der Oberschule erwartete.
Die äußere Erscheinung von Suse Ahlgrimm beeindruckte mich:
Das akkurate Pony, sehr hoch gesetzt, die klaren und offenen Gesichtszüge,
die hervorstechende Ernsthaftigkeit und Engagiertheit, dazu im Kontrast
das »Lose-Kleid-System«.
In Erinnerung geblieben sind mir wadenlange bis bodenlange Kleider,
hängerartig ohne Betonung der Taille, und flache bequeme Schuhe, um
elastisch ausschreiten zu können und mit großen Zeichenmappen und
Anschauungsmaterial beladen, flink über die langen Flure der »Helmholtz«
eilen zu können. Eine andere, aber auch sehr geschätzte und engagierte
Lehrerin, bevorzugte dagegen in dieser Zeit Miniröcke und Pumps, mit denen
sie in unsere Klasse trippelte.
Das Wichtigste an Suse Ahlgrimm aber war ihr Engagement für die Kunst und
ihr Credo, soviel wie möglich davon an uns, ihre Schüler, weiter zu geben.
In dieser Zeit der ersten Oberschuljahre war durch Suse Ahlgrimm die
Begeisterung für das Malen und Zeichnen so groß, dass bei einer Vielzahl
von Schülern der Traum entstand, später Maler oder Künstler zu werden.
Ihre Art, Kunst zu betrachten und zu vermitteln, war besonders intensiv.
Deshalb denke ich auch heute noch, wenn ich Galerien und Ausstellungen
besuche, an Suse Ahlgrimm und danke ihr dafür.
Bettina Pfüller, im Oktober 2010 |
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Blattträume, aus Blattspiel I bis IV, 2009 |
Erinnerung an meine Kunsterzieherin Suse Ahlgrimm von
Oda Schielicke, Malerin
Der Schuh
Suse Ahlgrimm war für mich eine Kunsterzieherin, die ich als ernste, um
nicht zu sagen strenge, Lehrerin empfand.
Ihre hochdeutsche Aussprache unterstrich ihre Reserviertheit, sie war
klar, ohne Schnörkel,
emotionsfrei, dennoch motivierend.
Sie eröffnete in mir eine neue Sichtweite auf die Dinge, forderte eine
genaue Betrachtung und das von verschiedenen Seiten.
Ich erinnere mich besonders an eine Unterrichts- stunde, in der wir
unseren eigenen Schuh
zeichnen sollten. Mit diesem Schuh verbinde ich
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noch mehrere Erinnerungen, besonders die an meinem Vater und an meine
Mutter. Wir waren extra in den Ferien nach Berlin gefahren, um für mich
ein Paar neue Schuhe zu kaufen. Der 1. September 1966 nahte, der Beginn
meiner Schulzeit an der Helmholzober- schule. Der 1. Schritt in eine neue
Schule, auf dem Weg zum Abitur und das mit neuen Schuhen. Stolz war ich
auf meine braunen ledernen Schnürschuhe mit dem Stepprand,
den hellen Schnürsenkeln und dem kleinen Absatz.
Umso mehr freute es mich als Suse Ahlgrimm sagte: »zieht bitte einen eurer
Schuhe aus,
stellt ihn auf den Schultisch und zeichnet ihn mit Bleistift auf Papier.«
Nun sah ich ihn vor mir, meinen Lieblingsschuh. Ich versuchte zuerst,
seine äußere Form
zu erfassen und ihn in angemessener Größe auf Papier zu zeichnen.
Suse Ahlgrimm schaute mir über die Schulter und machte mich darauf
aufmerksam, nun auch in die Details zu gehen und durch verschiedene
Grauwertstufen und Linien die Schuhe von Leder, Garn und den kleinen
Metallösen darzustellen. Ein Schuh im Stillstand war für mich so etwas wie
ausruhen, innehalten, sich Zeit nehmen für die genaue Beobachtung der
großen Form und ihren Einzelheiten.
Für mich war diese Unterrichtsstunde eine wichtige Erfahrung und ein
wahrhaftiges Erlebnis, welche für meinen Werdegang eine nicht unerhebliche
Bedeutung hatte.
Oda Schielicke, Caputh, 26.09.2010 |
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Charis Schwinning
8. Juni 2010 – Ein Herz am rechten Fleck
Heute ist der Geburtstag von Suse Ahlgrimm. Seit 34 Jahren war ich zum
ersten Mal wieder im Malsaal der Helmholtzschule. In meiner Erinnerung
steht Suse Ahlgrimm vor mir in einer Art Uniform oder Kittel – grau, grob,
fein gemustert. Klar umrissen und streng ist ihre Erscheinung.
Was habe ich von ihr gelernt, durch sie erfahren als Oberschülerin?
Vor allem Sparsamkeit im Umgang mit Material und die Reduktion der Mittel
zur Erlangung der eigenen Bildsprache.
Als ich mich auf die Aufnahmeprüfung zum Architekturstudium an der
Kunsthochschule Berlin-Weißensee vorbereitete, hatte ich meine Liebe zu
sechs Näpfchen Gouachefarbe entdeckt, mit denen ich eine Serie
handtellergroßer Bilder tupfte. Frau Ahlgrimm hatte mir einen
halbzentimeterbreiten Flachpinsel überlassen, mit dem es sich kratzen,
stupfen, schaben ließ. Diese Bildchen, die mein Mitbringsel zur
Aufnahmeprüfung sein sollten, wurden von Frau Ahlgrimm akzeptiert und die
Kommission wollte mich daraufhin zum Studium der Malerei umstimmen.
Bis heute sind für mich die Ordnung in allen Dingen und ein gewisses
Disziplinieren zum Grundsatz geworden, die mir meine Lehrerin Suse
Ahlgrimm mit auf den Weg gegeben hat.
Charis Schwinning, Kartzow 2010 |
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Nächtliche Gedanken, 2010 |
Maren Simon
Entwicklungshilfe – meine Begegnung mit Suse Globisch-Ahlgrimm
Wie bei vielen, hier vertretenen Potsdamer Künstler-Kollegen, hat Suse
Globisch-Ahlgrimm einen gewissen Anteil auch an der Entwicklung meines
Lebensweges, denn sie unterstützte auch mich, meinen Weg als Künstlerin zu
finden. Im Gegensatz zu ihren Schülern der Erweiterten Oberschule, bezog
sich ihr Verhältnis zu mir, eher auf außerschulischer Ebene.
Nachdem ich die Gärtnerlehre beendet hatte und in meinem Beruf tätig
wurde, wuchs in mir der Wunsch mich weiterentwickeln zu wollen. Wohin die
Reise gehen sollte, wusste ich aber noch nicht. Im Elternhaus verfolgte
man meine künstlerischen Tätigkeiten mit gewisser Sorge. Mutter und
Vater unterstützen mich sehr, doch wusste der Vater auch aus eigener
Erfahrung von den Schwierigkeiten, mit denen freie Künstler immer
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zu kämpfen haben würden.
Suse Ahlgrimm, die damals noch alleinstehend, als Lehrerin und Künstlerin
gleichzeitig arbeitete, war mir insofern ein Vorbild, als dass sie mich
lehrte, dass man das, was man tut, lieben muss und tun muss, was man
liebt... . Ich erinnere mich besonders an die Gespräche mit ihr, die wir
in ihren eigenen ›vier Wänden‹ führten und die oft so verliefen, dass sie
mir lediglich zuhörte, ohne selbst viel zu erklären. Ich fühlte mich ernst
genommen und ich zog aus diesen Gesprächen sehr viel Kraft und mir wurde
beim Berichten und dem Äußern von Zweifeln bewusst, dass derjenige, der
sein Ziel nur ernsthaft genug verfolgt, alles im Leben erreichen kann.
Suse Globisch-Ahlgrimm brachte mich dann auch auf die Idee, mich an der
Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig zu bewerben. Sie ging davon
aus, dass ich mit meinen sensiblen, zarten und zugleich eigenwillig
formulierten Insektenstudien, eine Chance hätte, die ich nutzen sollte.
Wissenschaftliche Illustrationen begleiteten mich seit meiner Kindheit.
Solange ich denken kann, beschäftigten mich Bücher, die sich der Natur
widmeten. Ich verschlang sie förmlich. Und so schien mir plausibel, was
ich hörte und meine Freude war entsprechend groß, als sie mich dann
tatsächlich zum Studium zuließen.
Leider brauchte später dann, kein Verlag die junge Künstlerin und
›komischen Vogel‹
( Zitat Herr Heinz Hellmis vom Aufbau-Verlag), ich putzte so viele Klinken
ergebnislos.
Und ich malte verzweifelt, um überhaupt etwas Sinnvolles zu tun. Es ist
schön, wenn es im Leben dann anders kommt, als erwartet.
Heute bin ich dankbar, über viele Steine hinweg, zu meiner, etwas anderen
Spur, gefunden zu haben. Der oft zitierten chinesischen Weisheit: »Der Weg
ist das Ziel«..., kann ich nur zustimmen!
Suse Globisch-Ahlgrimm (und vielen anderen auch) danke ich heute für ihre
Geduld und ihren wohlwollenden Blick, der mein unsicheres Suchen auf
meinem Wege begleitete.
Maren Simon im September 2010 |
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Eva-Maria Viebeg
SUSE AHLGRIMM
(Unterricht bei Frau Ahlgrimm 1964–1967)
PONY BRILLE
AUGEN anderswohin
als auf die Schüler .Aber doch auch
MARIA LAACH
(mit dem blauen vulkanischen See,
wie ich später selbst sehen konnte,
und Hildegard von Bingen wie ich auch später erfuhr)
GERNRODE im Harz. Die ROMANISCHEN RUNDBÖGEN |
Faust II »Phorkyas...«, 1983 |
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TECHNIKEN
LÄCHELN
SAMMELN
VORSICHT
AUFMERKSAM MACHEN AUF
OBJEKTIVITÄT
MATTHIAS GRÜNEWALD
SACHLICHES SCHWÄRMEN
BEGEISTERUNG VERMITTELN
BLICKE ÖFFNEN
– aber bitte doch in die von ihr gemeinte Blickrichtung
GOTIK und KARTOFFELDRUCK
Sie konnte jedem Schüler den Eindruck vermitteln etwas zu können
Es ging weniger um PHANTASIE
als um STRUKTUREN und KONTRASTE
Ja eben um das SCHAUEN
ZEICHNEN
ZEICHEN setzen ...
Und: der Zeichen-Kunstunterricht war genauso wichtig wie Physik
Nein wichtiger
Eva-Maria Viebeg |
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Heidi Wilhelm
Für Suse Ahlgrimm
Beim Sammeln von Kunstpostkarten für die Kunstmappen, die schon
beträchtlichen Umfang Jahr für Jahr angenommen hatten, stieß ich auf die
farbenfrohen Bilder der Expressionisten. Sehnsüchtig wartete ich darauf,
im Unterricht mehr über diese Kunstrichtung zu erfahren. Endlich in der
12. Klasse entwarf Frau S. Ahlgrimm anhand aufgeklebter Reproduktionen ein
lebendiges Bild der Künstler, die sich zur KG »Brücke« zusammengeschlossen
hatten. Ihre Werke empfand ich in der Form und Farbigkeit aufreizend, wild
und kühn. Besonders begeisterten mich die Aquarelle von Emil Nolde, so
wollte ich mich auch ausdrücken. Also malte ich zu Hause ohne |
Grüner Apfel, 2000 |
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Wissen um die Schwierigkeiten auf sehr feuchtem Grund, dass die Farben nur
so wegliefen. Eigentlich sollten es Blumen werden, aber die Farben ließen
sich nicht aufhalten, vermeng- ten sich zu neuen Farben und Gebilden,
merkwürdige quallenartige Formen schwammen auf unterschiedlich gefärbtem
Untergrund. Jene Leuchtkraft, jener Ausdruck wollten mir nicht gelingen.
Nach dem Unterricht legte ich unsicher meine Versuche vor, die Frau S.
Ahlgrimm kritisch betrachtete. Ihre Antwort war diplomatisch und
salomonisch: »Entweder bist du zu jung oder zu alt für solche Art von
Malerei! So einfach und schnell geht das nicht, erst muss man die
technischen und künstlerischen Mittel beherrschen lernen.«
Sie gab mir viele Hinweise, was ich alles versuchen sollte.
Es wurde ein langer Weg.
Heidi Wilhelm, Potsdam 2010 |
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